Veranstaltung: | 55. Landesversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3 Leitantrag |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesvorstand |
Beschlossen am: | 13.05.2022 |
Eingereicht: | 22.04.2022, 16:17 |
Klarer Kurs - gerade jetzt.
Beschlusstext
Klarer Kurs - Gerade Jetzt
2019 sind wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen erstmals in eine
Regierungskoalition eingetreten. Unser Antrieb dabei waren die Bewältigung der
Klimakrise durch wirksamen Klimaschutz, die Eindämmung des Artensterbens durch
eine ökologischere Landwirtschaft sowie weitere Maßnahmen zum Schutz der
Biodiversität und die Verteidigung unserer Demokratie gegen Angriffe. Zu diesen
großen Herausforderungen sind seitdem die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg
Russlands gegen die Ukraine hinzugetreten, die unser gesellschaftliches
Miteinander, unsere Wirtschaft und die Politik massiv geprägt haben und weiter
prägen werden.
Anstatt mit vermeintlich einfachen Lösungen, begegnen wir dieser Ballung von
Krisen mit Weitblick, überlegten Antworten und einem klaren Kurs. Weder die
Klimakrise, noch das Artensterben sind auch nur im Ansatz bewältigt. Deshalb
widersprechen wir vehement den massiven Versuchen, die verschiedenen Krisen
gegeneinander auszuspielen und gesetzte Ziele beim Kohleausstieg oder der
Agrarwende zu relativieren.
Als Bündnisgrüne stehen wir dafür, die großen Zukunftsfragen entschlossen
anzugehen: eine gesunde Natur, eine klimagerechte Wirtschaft, starke
demokratische Strukturen und eine gerechte Gesellschaft sind unsere politischen
Ziele. Unser klarer Kurs zeichnet uns dabei aus. Wie bei keiner anderen Partei
wissen die Menschen im ganzen Land, wofür BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen, wofür
wir kämpfen und welche gesellschaftlichen Vorstellungen wir verfolgen. Uns geht
es nicht nur um das Heute, sondern auch um das Morgen. Durch ein entschiedenes
Handeln im Hier und Jetzt wollen wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel
gestalten.
Krisen nicht gegeneinander ausspielen
Unkalkulierbare, sich verdichtende Krisen und Katastrophen kennzeichnen auch die
aktuelle Legislaturperiode in Sachsen – von der Corona-Pandemie bis hin zum
Ukraine-Krieg, von den jetzt bereits spürbaren Auswirkungen der Klimakrise in
unseren Wäldern wie auch in unseren Städten bis hin zur ernsten Bedrohung
unserer demokratischen Grundpfeiler durch rechtsextreme Netzwerke. In dieser
Zeit parallel stattfindender und sich überlagernder Krisen ist es unser
Anspruch, Lösungen zu entwickeln, die eine lebenswerte Zukunft sichern und dabei
das große Ganze stets im Blick zu behalten. Die Klimakrise und das Artensterben
sind und bleiben die bedrohlichsten Katastrophen unserer Zeit. Wir können es uns
nicht länger leisten, sie weiter zu ignorieren und unserer Nachwelt die Folgen
nicht zumuten. Jetzt ist die Zeit zu handeln. Nicht trotz Pandemie und Krieg,
sondern gerade deswegen ist es jetzt unsere Aufgabe, für mehr
Widerstandsfähigkeit und Sicherheit wie auch Freiheit und Unabhängigkeit zu
sorgen.
Wir Bündnisgrüne stehen für Nachhaltigkeit – auch bei den Finanzen. Deshalb
müssen die politischen Antworten und Lösungen von heute geeignet sein, auch die
Herausforderungen von morgen zu adressieren. Gleichzeitig ist es keine Option,
an den nicht mehr zeitgemäßen Verschuldensregeln, die keinen angemessenen Umgang
mit nicht vorhersehbaren oder nicht beeinflussbaren Ereignissen ermöglichen,
festzuhalten und uns damit kaputt zu sparen. Einsparungen bei Infrastruktur und
Daseinsvorsorge, Bildung oder Klimaschutz belasten nachfolgende Generationen und
sind schwere Hypotheken auf die Zukunft. Um schnell und kraftvoll aus der Krise
zu kommen, braucht es jetzt gezielte, planvolle Investitionen. Der aktuelle
sächsische Koalitionsvertrag bietet dafür eine solide Grundlage und muss auch im
kommenden Doppelhaushalt mit den entsprechenden finanziellen Mitteln
unterfüttert werden.
Bündnisgrün auf ganzer Linie
Unser eingeschlagener Kurs für einen sozialverträglichen und klimagerechten
Umbau der sächsischen Wirtschaft sowie für starke zivilgesellschaftliche und
demokratische Strukturen erhält durch die neuen politischen Mehrheiten im Bund
zusätzlichen Rückenwind. Auch wir sächsischen Bündnisgrünen waren noch nie
stärker: mit so vielen Mitgliedern wie nie, Fraktionsstärke in allen Landkreisen
und kreisfreien Städten, einer Europa- und vier Bundestagsabgeordneten und der
doppelten Regierungsbeteiligung in Land und Bund können wir eine Politik aus
einem Guss machen und konsequent vor Ort umsetzen. Das gilt für den Ausbau der
Erneuerbaren Energien, dank besserer Rahmenbedingungen und der notwendigen
Beschleunigung des Kohleausstiegs, für die öffentlichen Verkehrsmittel, dank der
Anhebung der Regionalisierungsmittel, für gerechte Chancen von Anfang an mit der
Kindergrundsicherung und für mehr Mitmenschlichkeit durch eine Modernisierung
des Bleiberechts. Auf allen Ebenen kämpfen wir Bündnisgrünen für eine Politik,
die alle Menschen gleichermaßen mit Respekt und Achtung behandelt und die
natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen schützt. Dafür
schließen wir Bündnisse mit der Zivilgesellschaft und Personen, gerade auch
jetzt bei den Landratswahlen, die diese Ziele mit uns teilen.
Verlässlich in schwierigen Zeiten
Wir sind 2019 zur Landtagswahl angetreten und in diese Regierung eingetreten mit
klaren Zielen für ein weltoffenes, ökologisches und gerechtes Sachsen. Wir haben
dies aus Verantwortung für die Zukunft der Menschen und für dieses Land getan.
In diesem Verantwortungsgefühl stehen wir sächsische Bündnisgrüne zusammen. Die
Geschlossenheit trägt uns durch diese durchaus anstrengende Regierungszeit der
letzten zweieinhalb Jahre.
Dass die Zusammenarbeit gerade mit der sächsischen Union uns fordern wird und
keine Liebesheirat ist, war von Anfang an klar. Die Versuche der CDU, den Krieg
gegen die Ukraine dafür zu nutzen, um die mühsam erkämpften Fortschritte beim
Klima- und Naturschutz auszuhebeln, untermauern dies sichtbar. Umso beharrlicher
arbeiten wir an der Umsetzung der Vereinbarungen, die im Koalitionsvertrag
getroffen wurden. So hart wir in dieser Regierung an vielen Stellen auch dafür
ringen, unsere Projekte voranzutreiben – die CDU ringt mindestens genauso, und
zwar mit sich selbst.
Zur Hälfte der Legislaturperiode können wir klar konstatieren: Unser Festhalten
an unserem klaren Kurs zahlt sich aus. Es ist uns gelungen Nüsse zu knacken, an
denen sich die SPD in der letzten Legislatur noch die Zähne ausgebissen hat: ein
Energie- und Klimaschutzprogramm, Verbesserungen in der Rückführungspraxis, ein
sachsenweites Bildungsticket, Gemeinschaftsschulen, verfasste
Studierendenschaften, echte Baumschutzsatzungen und vieles mehr. Zusätzlich
haben wir Dinge erreicht, die vor unserer Regierungsbeteiligung in Sachsen kaum
für möglich gehalten wurden, z.B. geschlechtergerechte Sprache, eines der
weitreichendsten Transparenzgesetze in der Bundesrepublik, ein Gesamtkonzept
gegen Rechtsextremismus und selbst eine Regenbogenfahne vor einem sächsischen
Ministerium. Bereits nach zweieinhalb Jahren des Mitregierens wird deutlich:
Grün wirkt in Sachsen. Gerade deshalb werden wir weiterhin auf die Umsetzung des
Koalitionsvertrags drängen, denn es gibt noch viel zu tun.
Das Ziel im Blick
Angesichts von Katastrophen und Krisen können wir es uns nicht leisten, in eine
Schockstarre zu verfallen oder versuchen die Zeit zurückzustellen in der
Hoffnung, dann wieder so weitermachen zu können wie zuvor. Die Zeiten ändern
sich. Stillstand oder Zaudern machen uns nicht nur anfällig gegenüber realen
Bedrohungen, insbesondere infolge des Klimawandels, sondern auch wehrlos
gegenüber den Angriffen von Demokratiefeind*innen auf unser Gesellschaftssystem.
Dieses Land braucht mehr denn je eine Politik mit Weitblick und Mut für die
Veränderungen, die Stabilität schaffen. Dafür werden wir Bündnisgrüne weiterhin
mit aller Kraft kämpfen und Schritt für Schritt an der Umsetzung des
Koalitionsvertrags arbeiten. Wir stehen nicht für einfache Lösungen, sondern
sind der Motor für eine verlässliche, planvolle Politik. Wir verschweigen keine
unpopulären Wahrheiten, sondern erklären anhand unserer klaren Vorstellungen
einer lebenswerten Zukunft, was notwendig und sinnvoll ist. Heute dies und
morgen das zu erzählen, stellt grundlegende und nachhaltige politische
Entscheidungen hinter kurzfristigen politischen Erfolg und gefährdet so unsere
Demokratie. Diesem Stil der politischen Kommunikation setzen wir
Verantwortungsübernahme, Verlässlichkeit und Klarheit entgegen, denn auch unsere
Demokratie braucht einen klaren Kurs.
Es wird kein besserer Zeitpunkt kommen, um die Welt zu retten, als jetzt. Vor
uns liegt ein langer Weg immer neuer Aufgaben, die uns gesellschaftlich,
wirtschaftlich und politisch fordern werden, um unseren Wohlstand zu sichern und
gleichermaßen unsere Umwelt zu schützen. Die Vorhaben dieser Regierung sind eine
Momentaufnahme und entsprechen den aktuellen politischen Möglichkeiten, jedoch
nicht den Anforderungen eines zukunftsfesten Freistaates angesichts zunehmender
Klimaschäden und gesellschaftlicher Risse. Unser Koalitionsvertrag mit CDU und
SPD ist nur der Anfang und muss jetzt umgesetzt werden, um bestehende Probleme
nicht aufzuschieben und weitere Krisen zu verhindern. Es ist ein Irrglaube, dass
es in der Zeit nach dieser Legislaturperiode mehr Geld, mehr Zeit und mehr
Möglichkeiten für die Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit
geben wird.
Als Bündnisgrüne streiten wir dafür, die Mittel und Möglichkeiten, die jetzt zur
Verfügung stehen zu nutzen und gezielt in ein klimafestes, demokratisches und
gerechtes Sachsen zu investieren. Wirtschaftskraft und eine lebenswerte Zukunft
hängen nicht von Kohle, vierspurigen Autobahnen oder möglichst guten Beziehungen
zu Diktaturen ab, sondern von den Menschen, die mit Mut und kreativen Ideen
unser Land modernisieren und Zusammenhalt stiften. Mit ihnen gemeinsam wollen
wir Sachsens Zukunft gestalten.